Über Multikultikomödien und warum Die Migrantigen so fantastisch ist

Ich muss gestehen, dass schlecht gewählte Titel von Kunstwerken bei mir sehr schnell Skepsis erwecken. So stieß mich der Name „Die Migrantigen“ augenblicklich ab, lässt er doch einen österreichischen Versuch, auf der Welle der beliebten Migrations- bzw. Multikultikomödien mitzuschwimmen, erahnen. Und meine Abneigung gegenüber jenem Subgenre, das seinen Anfang mit dem unerträglich schechten „Ziemlich Beste Freunde“ nahm, ist im Gegensatz zu der Gegenüber blöden Namen viel rationaler. Also hatte ich gute Gründe, diesen Film nicht zu sehen. Auf das Drängen einer Freundin hin, und auch wegen verbilligter Karten, entschied ich mich also doch dazu, dem Film eine Chance zu geben. Außerdem war ich schon lange nicht mehr im Kino.

Der erste Trailer vor der Vorstellung war der zu der französischen Multikultikomödie „He Even Has Your Eyes“, ein Film der von einem weißen Adoptivbaby in einer schwarzen Familie handelt. Schon der Trailer versichert der gutsituierten, bürgerlichen weißen Zielgruppe, dass sie beruhigt aufatmen können: Schwarze sind genauso rassistisch wie Weiße – was für eine Erleichterung. Ich fühlte mich schnell an die schlimmen Stunden erinnert, die ich durchleben musste, als wir mit der Schule den Film „Monsieur Claude und seine Töchter“ im Rahmen des französisch Unterrichts gesehen haben. Ein ganz und gar verblödeter und rassistischer Film, der die bodenlose Frechheit besitzt, den Rassismus eines weißen Wohlstandsfranzosen mit der natürlichen Skepsis eines Afrikaners gegenüber den ehemaligen Kolonialherren gleichzusetzen. Diese Form der „Vorurteils-Aufarbeitung“ wurde von meiner damaligen Französischlehrerin tatsächlich ernsthaft in einen Zusammenhang mit dem Attentat auf Charlie Hebdo in Verbindung gebracht. Wo sich „Ziemlich Beste Freunde“ noch damit begnügte Vorurteile zu bestätigen, bagatellisierte dieser Film den vorherrschenden Rassismus in einem Land, in dem es bis vor kurzem noch möglich schien, das Marine LePen Präsidentin werden könne. Und das hat einen Grund: Diese Filme gaukeln dem Zuschauer vor, sich mit einem ernsten Thema auseinandergesetzt zu haben, während sie ihm in Wahrheit beruhigend die Schulter tätscheln und ihm versichern, dass man sich für die Marine LePen, den Front National und die rassistische Polizeigewalt gar nicht zu schämen brauche, weil die Migranten, die ethnischen Minderheiten ja mindestens genauso schlimm sind. Ekelhafte Filme für Menschen, die sich gerne in dem Saft der Verzückung über die vermeintliche eigene Offenheit baden, dabei aber nicht im Geringsten den Mut besitzen, aus ihrer Komfortzone herauszutreten.

Nicht so „Die Migrantigen“. Nicht nur, dass dieser Film wunderbar pointiert und unterhaltsam war, nein, er war auch einer der reflektiertesten und intelligentesten Filme, die dieses Jahr im Kino liefen und übertraf dabei sogar den zweiten großartigen Film, der im Millieu der Wiener Migranten spielt, „Die Hölle“ von Stefan Ruzowitzky. Denn der Film ist eine Abhandlung darüber, wie wir, die Wohlstandsbürger, Migranten, besonders die sozial schwächeren, wahrnehmen und wie sich dieses Bild in Form selbsterfüllender Prophezeihungen immer wieder selbst bestätigt. Wir interessieren uns nämlich ohnehin nur für Stereotypen, nicht die Menschen dahinter, ziehen wie in diesem Fall das Klischeebild des ausländischen Gangsters vor die Kamera, nur um dann entsetzt mit dem Finger darauf zu zeigen. Zu Zwecken unserer Unterhaltung und Ergötzung beuten wir bestimmte Aspekte einer Subkultur aus, die wir selbst geschaffen haben, nur um die Menschen dahinter zu vergessen oder, noch schlimmer, zu verteufeln. Somit kreieren wir Parallelgesellschaften, gegen die letztlich wieder mit aller Konsequenz vorgegangen werden muss.

Somit schließt sich der Kreis zu den Befürchtungen und Erwartungshaltungen, die ich angesichts des Titels hatte. Regisseur Arman T. Riahi will genau diese Erwartungen wecken, er will die Zuschauer dämlicher Filme wie „Ziemlich Beste Freunde“, „Monsieur Claude und seine Töchter“ oder „He Even Has Your Eyes“ in seinen Film locken, um ihnen einen Spiegel vorzuhalten. Es gelingt ihm hervorragend. Seine deutliche, dabei aber keinswegs die erforderliche Komplexität verlierende Analyse trifft den Kern der Sache wie ein Seziermesser. Mit ihm hat ein hochintelligenter und begabter Jungregisseur die Bildfläche betreten. Der Umstand, dass dies erst sein Debütfilm war, schürt dabei hohe Erwartungen an das, was noch kommen mag.

 

 

Vin Diesel: Eine Hommage

Dwayne Johnsons Spitzname lautet „The Rock“. Sieht man ihm Vin Diesel in der Fast-and-Furious-Reihe gegenüber, so kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass Vin Diesels Spitzname – völlig unabhängig von seinem Künstlernamen – „The Machine“ lauten sollte. Denn Vin Diesel funktioniert in diesen Filmen wie eine Maschine, ein Werte-Motor, der die Familie, die diese Crew ist, zusammenhält und antreibt. Noch vielmehr als Paul Walker verkörpert er diese Reihe, und sein markantes Aussehen kann man aus diesen Bildern nicht mehr wegdenken.

Sein Körper ist natürlich ein sehr muskulöser, sein Kopf wirkt da etwas klein – mich erinnert er an eine Kartoffel, ohne das böse zu meinen. Seine Arme, die aus den beständig ärmellosen Shirts hängen, erinnern an Marmorsäulen. Er ist nicht so gut definiert wie Johnson oder Statham, sondern auf diesen Muckis ruht eine Portion Babyspeck. Vielleicht ist es genau das, was ihn diese Ruhe ausstrahlen lässt, die die anderen beiden Muskelmänner des Franchises eben genau nicht haben. In seinem äußeren Erscheinungsbild ist Diesel als Schauspieler selbstverständlich limitiert, was dazu führt, dass ihm sein absolut vorhandenes Talent oft völlig ungerechtfertigt unterschlagen wird; nicht grundlos fand er seinen Weg in Filme von Steven Spielberg und Ang Lee. Letzterer hat in seinem großartigen „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ ohnehin eine unerwartet fantastische Darstellerriege versammelt und diese zu Höchstleistungen getrieben. In den Fast-and-Furious-Filmen leistet er nicht weniger. Justin Lin, der ihn im vierten Teil wiedereinführte, verstand es Diesel in Szene zu setzen. Aus der Ferne beobachtet Dom Lettys Beerdigung, sein Blick von einer Sonnebrille verdeckt, die Arme verschränkt. Doch im Hintergrund sieht man eine Ölraffinerie, die das innerliche Werken dieser Maschine in den Himmel projiziert.

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In den folgenden Teilen wird Vin Diesel immer zur visuellen Hauptattraktion, bei der jede Mimik und Gestik wie in Steingemeißelt wirken. Seine Bewegungen sitzen dabei mit technischer Perfektion. Das führt unter anderem dazu, dass er in jeder Szene Hochstatus besitzt. Er ist immer in souveräner Kontrolle über das Geschehen. Er strahlt immer eine sichere Aura aus, immer einen Ausweg, eine Lösung parat zu haben, beziehungsweise gar nicht erst in Lagen  zu geraten, die soetwas erfordern würden. Egal ob er Dwayne Johnson oder Jason Statham gegenüber steht. Er ist immer Herr der Lage. Auch wenn man ihn beiden gegenüber als körperlich unterlegen einschätzen würde, behält er nicht zuletzt aufgrund seiner Art zu spielen, nämlich so wenig wie nötig zu tun, absolute Hoheit über die Szene.

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Obwohl Johnson in der Szene derjenige ist, der eigentlich viel mehr in der Hand hat als Diesel, ist ihm dieser dennoch überlegen. Man siehe in dem Bild oben, wie angestrengt dieser Versucht diese Hoheit durch sein grimmiges Blicken von oben herab und Versteifen im Nacken  auszudrücken. Dies konntert der weiter am Motor schraubende Diesel ganz leicht mit einem unbeeindruckten Lächeln aus:

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Dieser Hochstatus bleibt alle Filme hindurch unangefochten, bis er im achten Teil auf Charlize Theron trifft. Ein geschicktes Bild lässt all diese maschinelle Perfektion einbrechen: Wenn seine große, schwere Hand sich vor der Glaswand auf die Hand seines sich dahinter befindenden Babys legt, wird dieser Mann ganz klein und all die Muskeln schwinden. Er ist nur noch so stark, wie das Würmchen in den Armen der Mutter.. Zum ersten Mal sieht er den Sohn, den er unwissend mit seiner zwischenzeitlichen Freundin Elena gezeugt hat und all diese Kraft schmilzt dahin. Der Mann, der immer alles wusste und immer über alles Kontrolle hatte, wird mit einer ihn unvorbereitet treffenden Tatsache konfrontiert: Das Familienoberhaupt, das immer von „La Familia“ sprach, sich um all seine Freunde sorgte, der übersah seinen leiblichen Sohn. Er zerbricht an seinen eigenen Werten. Charlize Theron wird zur einzigen Figur in der gesamten Reihe, die je über Diesel steht. Zumindest für eine gewisse Zeit. Denn in der Schlüsselszene des neuen Teils, offenbart Theron ihr reduktionistisches Menschenbild, das jede Form von Gefühlen nur als evolutionäres Überbleibsel sieht. In diesem Moment gewinnt Diesel wieder alle Macht, da er in seiner Menschenliebe seine moralische Überlegenheit erkennt. Die Maschiene läuft wieder durch die Liebe zu seinem Sohn und seiner Familie. Im Finale wird allerdings auch eines verdammt klar: Der Motor funktioniert nur mit einem intakten Fahrzeug drumherum. Diesel ist nichts ohne seine Kollegen, über die er diesen Hochstatus wahren kann.

Taylor Swift: Warum sie so fantastisch ist

Taylor Swift ist die beste Künstlerin der modernen Pop-Musik. Kommerziell betrachtet sprengt sie ohnehin längst alle Grenzen, ist in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch eine kontrovers aufgenommene Persönlichkeit. Ich selbst ignorierte sie zuerst, nahm sie dann als sympathisches Püppchen wahr und mittlerweile liebe ich sie und ihre Musik. Im folgenden will ich anhand dreier Behauptungen festmachen, was ich so sehr an dieser Künstlerin schätze, und weshalb ich sie für so gut halte.

These 1: Befreiung durch Nostalgie

Nostalgische Bilder in den Texten und Videos von Taylor Swift ziehen sich durch ihr gesamtes Werk – von ihrer Debüt-Single „Tim McGraw“ bis hin zu fast jedem Song auf „1989“. Sie offenbart dadurch Sehnsuchts-Fantasien, die mit dem Jetzt in keinster Weise vereinbar sind und dennoch damit Hand in Hand gehen.

In „Love Story“, zum Beispiel, verhandelt sie „Romeo und Julia“ neu, in dem sie sich selbst als Julia definiert. Die Geschichte wird dabei zuerst deutlich von der erzählerischen Realität abgegrenzt, in dem Taylor diese durch die Worte „I close my eyes // And the flashback starts“ einleitet. Die Tragödie findet also nur in ihrem Kopf statt. Taylor zeigt uns was sie sich wünscht und was sie fühlt und lässt dabei auch den eigentlichen Widerspruch aufgehen. Warum wünscht Taylor sich das Drama, das mit dem Bild der großen Liebestragödie zwangsläufig einhergeht? Vielleicht ist das an dem story im Titel festzumachen, dass die Vorstellungen großer Liebe, die junge Menschen haben, an gesellschaftlich verankerte Narrative gekoppelt sind, dass jede Liebe eine Geschichte braucht. Diese Geschichte zur Liebe nimmt Taylor hier gedanklich vorweg und löst diesen komplexen Wunsch nach dem, was sein muss, aber nicht sein soll, ganz simpel und einfach auf. „Baby, just say yes“; einfach „ja“ sagen. Mehr braucht es nicht. Das ist naiv und vereinfacht, doch letztlich ist es auch irgendwie wahr und setzt dem hausgemachten Drama eine einfache Lösung entgegen. Schließlich vermischt sich die Fantasie des Songs mit der Wirklichkeit des Songs und umso unklarer wird der eigentliche Ausgang der Geschichte. Doch dieser ist auch unwichtig, denn es geht nunmal um die Story, die sich in der aufbauenden Kraft, des Songs entfaltet. Die letzte Zeile des Songs, wortgleich mit der ersten, singt Taylor vollkommen anders und haucht mit dem letzten Wort ein erleichtertes Gefühl hinaus, dass verstehen lässt, dass die Fantasie, die Tragik, das Drama und das Yes alles zu etwas gut waren.

Ein anderer Song. „Starlight“ aus dem Album „Red“, der von der Liebesgeschichte Ethel und Bobby Kennedys inspirerert ist. Taylor schlüpft in die Rolle Ethels und lässt uns an ihrer Vorstellung eines ersten Dates anno 1945 teilhaben. Dass Bobby und Ethel sich ganz anders kennen lernten spielt dabei überhaupt keine Rolle, sondern nur das Bild grenzenlosen Träumens in diesem nostalgisch aufgeladenen Setting, was sie heute wohl nicht mehr für möglich hält. Ähnlich ist das Video von „Wildest Dreams“ aufgebaut, in dem sie die Bilder einer vergangenen Hollywood-Ära abruft, diese glorifziert und verkitscht, dabei aber ihre Musik selbst zu Sehnsuchtskino erhebt. Sie will aus Zeit und Raum ausbrechen, um irgendwo eine andere existenzielle Wahrheit in der Liebe zu finden.

Das ist aber kein räudiger Eskapismus, denn Taylor kommt immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ihre Nostalgie ist kein Schutzschild vor der Realität, sondern eine Therapie, die die Möglichkeiten des Hier und Jetzt überwindet und woanders und wannanders nach Heilung sucht. Sie ist kein Hashtag-Vintage-Selbstzweck, sondern eine Befreiung von der Last des Lebens junger Menschen.

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These 2: Postfeministisch

Die ambitionierte aber dämliche Website everydayfeminism.com warf Taylor Swift in einem Artikel einmal white feminism vor. Dieser Begriff bezeichnet eine degenerierte Form des Feminismus, der sich nur für die Rechte weißer, heterosexueller Frauen der Mittel- und Oberschicht einsetzt – ist also alles was Hillary Clinton, Lena Dunham und Amy Schumer verkörpern, würg. Die Autorin jenes Artikels ist aber nicht die erste Vertreterin eines Feminismus, der nicht länger Bewegung, sondern zur Ideologie geworden ist, die Taylor Swift Vorwürfe macht, feministsiche Ideale zu verraten. Camille Paglia bezeichnete Taylor Swifts Verhalten als „widerwärtige Nazi-Barbie-Routine“ und behauptete, dass sie der Sache der Frauen schade.

Tatsächlich aber scheint Taylor Swift viel eher feministische Korsette, wie nunmal auch alle anderen, längst abgelegt zu haben. Auf eine gewisse Art und Weise wirkt sie dabei schon hedonistisch, wie ausgelassen sie ihr Leben, ihre Schönheit und ihre Dating-Gewohnheiten mit in ihre Songs wirft, ihre Streits mit verronnenen Liebhabern und verloren gegangenen Freunden. Sie kehrt Geschlechterrollen regelmäßig um – lässt in „Blank Space“ den Mann wie eine Marionette tanzen, im Video zu „Bad Blood“ nehmen sie und ihre Freundinnen typische Machoposen ein – verfolgt damit aber keine offensichtliche Agenda, sondern tut es viel mehr einfach weil sie es kann. Gleichzeitig scheint sie aber auch auf jeden Stolz zu pfeifen, wenn sie Männern ganze Alben hinterher weint-schreibt. Sie tut ganz was sie will und ist in diesem Sinne für junge Frauen ganz sicher ein besseres feministisches Vorbild als eine Camille Paglia, deren Rhetorik selbst an die extremer politischer Gruppierungen erinnert und Frauen, ähnlich dem Patriarchat, gerne in Rollen zwängen würde. „Shake it Off“, „Blank Space“, “22” und “Welcome to New York” sind wohl die stärksten Zeugen dieser Einstellung.

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These 3: Country, Pop, Hip Hop

Ihre Wandlung vom süßen Country-Starlet zum größten Popstar der Welt ist offensichtlich und beeindruckend. Mir fällt zudem jedoch auch eine Tedenz zunehmender Hip Hop Einflüsse auf, die irgendwo auf „Red“ ihren Anfang nehmen. Es ist interessant zu sehen, wie sich der Hip Hop dort eingeschlichen hat. In den Produktionen ihrer Pop-Songs auf diesen Album gewinnt der Beat an Bedeutung. Mehr Drums, mehr Bass, weniger vocal range. Dabei delivered sie ihre Lines wie Punches im Battle-Rap. Besonders merkt man das an „Blank Space“, den ich fast schon einen halben Hip-Hop-Song nennen würde. Sie bleibt in der ersten Line flowend auf dem Beat, während sie im nächsten singend davon fliegt. Sie baut Spannung darüber auf, wie sie die Dinge verpackt, sing und flowt. So baut sie Lines auf, die sie dem Hörer dann kraftvoll entgegenschmettert. Das ist aber nicht immer eine stimmliche Explosion, sondern viel öfters ein verbales, ganz ruhiges, aber höllisch potentes Zwinkern. Das gleiche gilt natürlich für „Bad Blood“.

Im Hip Hop geht es auch immer darum, Souveränität auszudrücken, etwas was Taylor ebenfalls beherrscht. Nehmen wir andere erfolgreiche Pop-Stars zum Vergleich: Eine Elle Goulding schafft es nicht einmal die eigenen Instrumentals zu bezwingen, Bebe Rexha und Meghan Trainor schaffen es nicht, sich ivon dem Einheitsbrei weißer Sängerinnen die gerne schwarz wären abzugrenzen und eine Rihanna macht mindestens doppelt so viel Müll wie gute Musik. Taylor Swift dominiert ihre Musik, steht in ihrem Mittelpunkt. Ihre Stimme ist in jeder ihrer Melodien der wichtigste Bestandteil.

Dabei mag man argumentieren, dass ihre gerappte Bridge auf „Shake it Off“ ein maximales Maß an white girl-Peinichkeit erreicht hat. Das ist vielleicht so, aber glechzeitig demonstriert es den direkten Bezug zu dieser Musikrichtung und verneint gleichzeitig aber jede Wahrnehmung ihrer Person als Rapperin. Diese Bezüge sind ganz woanders zu finden. Ihre Musik ist ein Hybrid vollkommener musikalischer Freiheit, die zu Radiopop kulminiert ist.

Ich würde gerne behaupten, dass Taylor Swift die einzige Künstlerin der Welt ist, deren kommerzieller Erfolg ein objektives Maß ihres Talents ist. Das ist allerdings Wunschdenken. Dennoch machen die genannten Faktoren sie für mich zur größten Pop-Künstlerin unserer Zeit und meiner absoluten Lieblingsinterpretin.

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Eine kurze Erinnerung an mich selbst, weshalb ich kein Liberaler bin.

Vorhin habe ich einen sehr interessanten Tweet eines rechtsnationalistischen, schwedischen Fotografen gesehen. Dieser postete das Beitragsbild dieses Artikels mit dem Zusatz: „Sweden’s feminist government when they were mocking Trump vs when they visited Iran.“ Und verdammt. So unsympathisch wie mir dieser Typ alleine schon durch seine Twitter-Bio ist, er hat Recht. Er hat Recht aus eben den Gründen, weshalb ich kein Liberaler bin und Liberale verabscheue.

Es ist wichtig, dass sich die Regierungen des Westens, hier eine rot-grüne, die bewundernswerterweise zur Hälfte aus Frauen besteht, gegen den sich immer mehr autoritär gebenden Präsidenten der USA positioniert. In diesem Fall den völligen Wahnsinn sexistischer Rechtsregierung aufzuzeigen, in der eine Gruppe alter Säcke darüber entscheidet, was Frauen mit ihren Fortpflanzungsorganen tun und nicht tun dürfen. Das ist gut so. Denn Sexismus wie dieser hat im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr. Die rot-grüne, und laut dem Tweeter eben auch feministische, Regierung Schwedens scheint dies erkannt zu haben und sich medienwirksam, viral erfolgreich dagegen gestellt.

Und dennoch begehen sie den dümmsten Fehler, den Liberale zur Zeit machen. Sie buckeln vor der Religion. Indem sie beim Staatsbesuch im Iran Kopftücher tragen, unterwerfen sie sich ihnen vielleicht nicht, aber erkennen die menschenverachtenden Werte des menschenverachtenden Islams in einem nicht säkularisierten Land an und bewerten dadurch diese Gesellschaftsform mit der westlich-säkularisierten als gleichwertig. So kann das nicht funktionieren. Der Iran ist eine islamische Republik. Das heißt in diesem Land herrscht die Gesetzgebung der Scharia. Erst im Mai 2016 wurde dort die Frauenrechtlerin Narges Mohammadi zu insgesamt 16 Jahren Haft verurteilt, nachdem sie 2012 bereits sechs Jahre bekam und während dieser Zeit wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes überhaupt nur gegen eine hohe Kaution in ein Krankenhaus gelassen wurde. Ist das ein Land, dessen Werte es zu tolerieren, akzeptieren oder in irgendeiner Form anzunehmen gilt? Wieso erachtet es die schwedische Regierung für Notwendig diesen frühmittelalterlichen islamischen Sitten Respekt zu zollen? Weil Liberale, wie leider auch viele Feministinnen, vor allem einen Fehler machen und ihre eigenen Ideale und Prinzipien hinter dem Wohlbefinden von Religionen anstellen.

Das ist vor allem deswegen verheerend, weil das die Kritik an Donald Trump und jeder Form neuer rechtsextremer Bewegungen zur puren Heuchelei macht. Das ist das Problem an Liberalen. Sie haben verlernt (oder: konnten sie es je?) Prioritäten zu setzen; dass Frauenrechte viel wichtiger sind als religiöse Gefühle. Deshalb bin ich kein Liberaler und werde es nie sein. Dieses Bild rot-grünen Versagens hat mich heute Morgen nur zufällig wieder einmal daran erinnert.

Top 20 Songs 2016

Ob 2016 ein gutes Jahr für Musik war, kann ich kaum beantworten. Dafür habe ich zu wenig vom Abseitigen und den Randbereichen mitbekommen. Was die Charts anging, war es mehr als desaströs, wenngleich auch ein paar ganz gute Hits dieses Jahr dabei waren. Meine Top 20 sind etwas Mainstream-lastig, beinhalten aber auch genügend Geheimtipps, um nicht gar zu einseitig zu sein. Auf die Idee, mich mehr mit temporärer Musik auseinanderzusetzen, ähnlich wie eben beim Film, kam ich erst während des Jahres, weshalb diese Top 20 alles andere als einen Absolutheitsanspruch hat. Anders als bei Filmen, gehe ich auch nicht nach dem Veröffentlichungsdatum, sondern viel mehr nach dem Gedächtnis. „Geiles Leben“ und „Love Yourself“ zählen so für mich zum Beispiel ganz klar zum Jahr 2016 – hatten sie doch auch in diesem Jahr die meiste Chart-Präsenz.

Platz 20: Stay (Mac Miller, The Divine Feminine)

Dieser Mac Miller macht also ein Album über Sex und heraus kommt ein ganz unscheinbares Juwel. Der Jazz-Einfluss im Beat und seine außergewöhnlich lässige Art zu flowen, machen „Stay“ hierbei zum wahrscheinlich besten Rap-Lovesong des Jahres.

Platz 19: Cooler Than This (Rizzle Kicks)

Rizzle Kicks gehören mit zu den absolut coolsten Säuen im Business momentan. Die unglaubliche Musikalität des Duos, dass immer eine dicke Portion Humor wahrt, ist in der aktuellen Hip-Hop-Szene fast schon einzigartig. Auch in diesem Song stellen sie wieder ihr Gespür für Pointen unter Beweis, in dem sie gekonnt gegen modernen Hip-Hop sticheln. Nein, man kann wirklich kaum cooler than this werden.

Platz 18: A-YO (Lady Gaga, Joanne)

Ich bin kein Riesen-Gaga-Fan, habe sie aber als Künstlerin absolut zu schätzen gelernt. Aus ihrem neuen Album hat es mir vor allem dieser Song angetan, der mit seinem Southernvibe auch Nichtraucher-Herzen strahlen lässt. Ihre Stimme und die Komposition ergeben eine so fantastische Einheit, dass sich die Tanzbeine von ganz alleine schwingen.

Platz 17: Jedermann (Pizzera & Jaus)

Normalerweise finde ich Musik im Schluchtenjodlerdialekt ja nicht so geil. Pizzera & Jaus, ein Duo, das eigentlich seine Wurzeln im Comedy-Bereich hat, ist mit „Jedermann“ eine gefühlvoller Trennungssong geglückt, der zwar in Selbstmitleid badet, aber in seiner stürmischen Kraft auch absolut authentisch ist. Letztlich wirkt der Song absolut perfekt wie die Nachwehen einer missglückten Beziehung und ist damit für jeden in greifbarer Nähe.

Platz 16: Mean What I Mean feat. Dreezy, Leikeli47 (AlunaGeorge)

Wäre die erste Strophe nicht gewesen, wäre dieser Song wohl weit höher in dieser Liste gelandet. Zu sehr klingt AlunaGeorge austauschbar. Da hilft auch die Agitation des Songs, ein Konter auf Justin Biebers sehr fragwürdiges „What do you mean?“ zu sein nicht. Dreezy und Leikeli47, zwei Rapperinnen, die man absolut auf dem Schirm haben sollte, rasieren jedoch mit ihren Parts komplett. Dreezy stellt hier all ihr Potential unter Beweis und liefert einen der besten Parts des Jahres ab, währen Leikeli47 etwas Battle-Aroma dazu gibt. Eine feministische Hymne ist das vielleicht noch nicht, aber fast.

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Platz 15: Is This Love That I’m Feeling (Robin Längert)

Ich hasse DJ-Mucke, wirklich. Ironischerweise war es aber genau mein Kumpel Robin, der mit einem seiner ersten Tacks in der Lage war, mich zu überzeugen, dass diese Musik mehr kann, als mit BpM zu spielen. „Das war wirklich so unvorbereitet alles. Einfach aus Intention nach und nach die Elemente hinzugefügt. So klingt es aber immer am besten, finde ich. Ungekünstelt. Das ist mir am wichtigsten!“, beschrieb er mir den Track. Und das hört man. Sein Marley-Remix hat etwas gelassenes, aber damit auch etwas sehr weises im Bezug auf die Emotion, die Robins Komposition durchgehend übermittelt. Weiter so, Bro!

Platz 14: Geiles Leben (Glasperlenspiel, Tag X)

Lief im Radio, als ich erfahren habe, dass ich auf der Schauspielschule genommen wurde. Vielleicht mochte ich den Song in erster Linie deshalb. Aber auch abgesehen davon: Die Trennung von einer Person, weil sich die Lebenswege zu sehr unterscheiden, hat einen bitteren Schmerz voller Wehmut und Ärgernis, der unterschwellig hervortrit. Glasperlenspiel gelingt es einzufangen, wie es ist, von einer anderen Person abzulassen, weil man einfach nicht mehr kann. Das ist einfach und doch so brillant.

Platz 13: One Dance feat. Kyla, Wizkid (Drake, Views)

Ursprünglich höher platziert, nutze sich dieser Song auf den Zielgeraden doch immens ab für mich. Dennoch verleiht er dem eigentlich Trivialen etwas unerhört-existenzielles. Im overused und oft sehr dämlich verwendeten Dancehallsound mag das kein Unikat sein, Drake gelingt es jedoch absolut am besten. Der Beat ist von einer süchtigmachenden Essenz geschaffen, die Körper duchzieht.

Platz 12: The Greatest (Sia, This Is Acting)

Ein würdiger Song für die Opfer von Orlando. Hier sei erwähnt, dass ich explizit die Version OHNE Kendrick Lamar meine, da ich es für bescheuert und pietätlos halte, dass er einen läppischen Representer in das Lied miteinflechtet und dort auch noch Religion mit ins Spiel bringt. Keine Ahnung, was sich Sia dabei dachte, ihn mit ins Boot zu holen. Wie dem auch sei: Ihr Song ist von der melancholischen Stärke durchzogen, dem Stolz und der Würde der LGBTQ+Community, der ihnen den speziellen Anmut verleiht, den sie haben. Sia beweist, dass sie eine der ganz großen Künstlerinnen ist, die sowohl treffsicher als auch sensibel ist.

Platz 11: Too Good feat. Rihanna (Drake, Views)

Irgendwie klingt Drake in diesem Song reichlich butthurt. Das desaströse „Work“ ließ mich eigentlich die Lust an einer weiteren Kooperation mit Rihanna verlieren, „Too Good“ ist aber too good, um ignoriert zu werden. Ebenfalls geht es um eine Beziehung, die daran zerbricht, dass eine Verbindung zwischen beiden nicht mehr in ausreichender Form besteht und das obwohl genug Passion und Verehrung vorhanden ist. Letztlich überwiegt der Schmerz, was auch daran zu merken ist, dass es melodisch oft sehr unrund wird. Zudem ist „Too Good“ eine Erinnerung daran, WAS Rihanna eigentlich kann.

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Platz 10: Figures (Jessie Reyez)

Die vermutlich unbekannteste, von Robin jetzt mal abgesehen, Platzierung in dieser Liste. Dennoch ist der kraftvolle Minimalismus, des Betrogenwordenseins die Quintessenz eines Liedes, das auf die schönste Art und Weise kleine Wunder entstehen lässt. Jessie Reyez ist stimmlich eine Sensation. Sie explodiert immer wieder aufs Neue und baut dabei zarte Seiten auf gewaltigen Fundament. Letztlich liegt ihr Dilemma darin, sich zu wünschen, ihm dasselbe antun zu können. Ein Wunsch, in dem aber auch Verzeihung liegt, und die Wut darüber, diese Gefühle noch immer zu haben. Faszinierend erschütternd.

Platz 9: Journeyman (Jamestown Revival, The Education of a Wandering Man)

Ich bin mir noch nicht sicher, ob mir das neue, blueslastigere Jamestown Revival gefällt. „Journeyman“ greift jedoch zumindest theamtisch soviel Western und Country auf, dass es mich mit Freuden an die Tage denken lässt, in denen ich ihr Album „Utah“ kennen und lieben gelernt habe. Dass „Journeyman“ mich aber auch anderweitig begeistert, liegt vor allem daran, dass das Duo ihr Gespür für die großen Sehnsüchte, nicht verloren hat. Die Thematik des ewig Suchenden und dauerhaft Wandernden ist keine neue und im Genre seit je her beheimatet. Trotzdem – und vielleicht auch genau wegen des Blueseinflusses – ist ihr Versuch an diesem Bild ein ganz besonders gelungener, der alte Wünsche wieder weckt.

Platz 8: Love Yourself (Justin Bieber, Purpose)

Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn – oder in diesem Fall einen Ed Sheeran. Der dürfte der einzige Grund sein, dass mir dieses Lied besser gefällt, als ich es eigentlich wollte. Wie Drake klingt auch er reichlich geschlagen und weitaus weniger über die Beziehung hinweg, als er es vorgibt zu sein. Dennoch entsteht gerade aus dieser Mischung der sanfte Sound, der das Lied so gut funktionieren lässt. Vielleicht ist es auch Ed Sheerans Talent, der genau dieses richtige Maß an adoleszenter Doppelmoral und Nichteinsteckenkönnens in dieser Komposition zusammenführt. Justin Bieber reiten ja bekanntlich viele Pferde doch es waren zumindest zum Teil die richtigen. „Love Yourself“ ist in all dieser jugendlichen Verzweiflung nämlich vor allem eines: ehrlich. Und das ist in der aktuellen Popmusik ein seltenes Gut.

Platz 7: The Train feat. Carla Morrison (Macklemore & Ryan Lewis, This Unruly Mess I’ve Made)

Ein unbeschreiblich gutes Album, das nur unbeschreiblich gute Songs hervorgebracht hat. Der ruhigste und wehmütigste dieser Songs ist ganz klar dieser. Mehr als die Verses von Macklemore, sind es hier sogar die Hook von Carla Morrison und der Beat von Lewis. Morrisons Gesang auf Spanisch fügt dem Abschiednehmen und Ankommen eine besondere, ins Herz stechende Note hinzu, die sich nur schwerlich genau festlegen lässt. Lewis Beat ist noch mehr on point als sonst und lässt im richtigen Moment die Sounds los. Es ist eine kleine Hymne der Reisenden und Heimatlosen und sagt so vielleicht sehr viel über die Interpreten aus.

Platz 6: Everyone’s Dead (Rizzle Kicks)

Rizzle Kicks ist einfach awesome. Die Lines sind witzig, der Beat ist funky. Inhaltlich treffen die Lyrics sarkastisch-bissig den Geist der Zeit und kommentieren ihn gekonnt. Dabei handelt es sich um einen der wenigen Songs überhaupt, die mit jedem Hören besser werden und sich von einem anfänglichen „meh“ hin zu einer absoluten Hype-artigen Begeisterung gesteigert haben. So geht fresher Hip-Hop, abseits von dämlicher Klischeeausschlachtung.

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Platz 5: Waving Goodbye (Sia, The Neon Demon OST)

Die Symbiose der Oberflächlichkeiten gerät zum Exisenziellen. Vielleicht lässt sich Sia so am besten Beschreiben. Diese elektronischen Konservenklänge verdichten sich witzigerweise nur bei ihr zu solch einem Sturm. Ihre Texte sind unkonkret und alles andere als direkt vielsagend. Das Zusammenfügen dieser Elemente – Sias Stimme wird dabei immer zu einem ganz bestimmten Teil der Form – entfesselt eine unheimliche Kraft, die ein Loch dort offenlegt, wo eigentlich etwas sein sollte. Dass dieser Song somit zu einem der ganz großen Kinomomente des Jahres beigetragen hat, ist letztlich wenig überraschend. Noch besser: Er machte mich endgültig zum Sia-Fan.

Platz 4: I Don’t Wanna Live Forever feat. Taylor Swift (ZAYN, Fifty Shades Darker OST)

Ein Pop-Jahr ohne Taylor Swift ist ein trauriges Pop-Jahr. So habe ich mich eigentlich auch auf ein tristes Jahr gefasst gemacht. Und dann kurz vor Weihnachten kommt dieser Song. Und trotz meiner Skepsis ZAYN und Fifty Shades of Dingens gegenüber, knallt das Ding so rein. Ich weiß nicht, was los ist. Vielleicht ist Taylor Swift einfach irgendeine irdische Göttin, die alles was sie berührt in Gold verwandelt. Sogar ZAYN, dieses One-Direction-Bubi, verhält sich hier wie ein richtiger Erwachsener und macht Musik, die von reifen und mündigen Menschen Ernst genommen werden kann. Saperlott.

Taylor Swift ist die tollste Sängern überhaupt – kein Zweifel. Alleine die Liedzeile „Wondering if I dodged a bullet or just lost the love of my life” ist so hart und dieser härte so ehrlich und ernüchternd. Dabei wirkt Taylor Swift auch etwas anders als sonst. Nämlich irgendwie bodenständiger, gelassener und weiser und alter. Teast sie uns mit einer neuen Taylor, auf die wir uns freuen dürfen? Ich weiß es nicht, vielleicht, hoffentlich. Sie hat hier mal eben vor Jahresende nochmal abgeliefert. Knallhart.

Platz 3: Dang! feat. .Anderson Paak (Mac Miller, The Divine Feminine)

Ich könnte hier ganz frech einfach die besten Lines aus dem Track posten und die Sache wäre geklärt. Wieso auch nicht?

„But my heart like gold, but it break like glass”

„So when I get home, I’mma give you some

Make you feel like woo, when I hit that drum

Yeah the dick ain’t free, I don’t give no fucks”

„Okay, we be fighting, we be reuniting

Kiss me, touch me, tease me, me excited

God, the devil, who is who?

Tryna get through to you because…”

„Well, you can’t go away girl, I’mma need you

Play your games like they my ticket to an Ivy league school

Won’t get Hall of Fame dick from a minor league dude

I just eat pussy, other people need food”

“Only got a little time and I ain’t tryna spend it

Arguing about who ain’t giving who attention

Starting up the engine, need to reboot

I just eat pussy, other people need food”

I just eat pussy, other people need food

„One more time, it ain’t much

Fuck ‚em all, let’s be us, summer’s soft sweetness

Call late drunk, you hang up”

„Okay, it’s seems inviting, trust me, she’s a titan

This week she like him, next week they fightin‘

Need protection, all your dresses bulletproof

You’re safe with me, girl”

Platz 2: Erkläre mir die Liebe (Philip Poisel, Mein Amerika)

Damit habe ich echt nicht gerechnet. Aber Philip Poisel gelingt hier eines auf ganz atemberaubende Weise: Wärme und Kälte zu vereinen. Das klingt kryptisch, ergibt sich jedoch beim Hören des Songs ganz automatisch. Lyrisch gelingen ihm Bilder von großer Aussagekraft. Sie transportieren Emotionen, die in jedem von uns sitzen ganz nach außen und ballen sie zur Faust. Dabei setzt Poisel ganz bewusst Leerstellen. Mit nur drei verschiedenen Klängen gelingt ihm Großes. „Erkläre mir die Liebe“ demonstriert die Macht der Musik etwas tief im Innersten des Menschen zu entdecken und hervorzuholen.

Platz 1: White Privilege II feat. Jamila Woods (Macklemore & Ryan Lewis, This Unruly Mess I’ve Made)

Macklemore gibt dem Hip Hop das Politische zurück. Eine mächtige 8-minütige Selbstreflexion über ihn als weißen Rapper in der Gesellschaft, in einem Land, in dem Rassismus täglich präsent ist und wie sein Erfolg damit verbunden ist. Aus ihm spricht Wut, Ärgernis und auch Verzweiflung, wie ihm alles über dem Kopf wächst und er versucht dieses Problem zu erfassen. Ebenfalls beeindruckend ist der Mut, mit dem er womöglich einige seiner Fans vor den Kopf stößt, in dem er sie selbst vertont und entlarvt. Er attackiert die Mileys und Iggys dieser Welt und versucht sich selbst in dieser Linie einzuordnen. Dabei spricht er große Wahrheiten aus. Eigentlich hätte er noch radikaler sein dürfen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Was Macklemore mit diesem Track tut, das gibt es so in dieser Form kein zweites Mal. Es ist ein Track der alles verkörpert was Hip-Hop ausmacht und genau deswegen ist er so gut. Macklemore beweist mit der immensen Bescheidenheit die sein Feingefühl und seine Sensibilität ausmacht, das er der beste Rapper ist, den es momentan so gibt. Am Ende steht ein Gefühl, das vielen nicht gefällt. Es ist eine Frage, wie viel man von seinen Privilegien für andere zu opfern bereit ist. Eine Frage, die auch wir weißen Europäer uns stellen müssen. Silence is a luxury, hip hop is not.

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Hillary Clinton – nicht das geringere Übel

In Anbetracht der anstehenden US-Wahl zwischen den beiden unbeliebtesten Kandidaten der Geschichte, heißt es, dass man nun nichts mehr tun könne und nun das kleinere Übel, the lesser evil, wählen müsse, dass da Hillary Clinton wäre. Für nur oberflächlich Informierte erscheint das logisch. Donald Trump, den rüpelhaften Flegel, der diskriminiert, pöbelt und beleidigt was das Zeug hält, müsse man verhindern. Er sei ein Wahnsinniger, den man zu stoppen hätte. Seine Medienpräsenz, sein make america great again, seine Haare – alles vermittelt dem nicht ganz Dummen bis nicht ganz Rechten, dass dieser Mann nicht ins Weiße Haus einziehen dürfe. Und das stimmt natürlich auch. Trump ist ein Antipolitiker, der offen rassistische und sexistische Haltungen vertritt, von der American Nazi Party und so manch anderen Gruselvereinigungen des amerikanischen braunen Sumpfs unterstützt wird. Allein das spricht Bände. Seine Ideen sind so verrückt und – ganz simpel ausgedrückt – dämlich, dass er einem – wie South Park richtig erkannt hat – mit jedem Satz entgegenschmettert, dass er nicht dazu geeignet ist, Präsident zu sein und auch die Hosen ziemlich voll haben dürfte, diese Position zu bekleiden. Doch er ist nicht das größere Übel.

Hillary Clinton ist es. Das mag hart klingen, ja nahezu unvorstellbar. Doch weicht man von dem Narrativ des regressiv-liberalen Establishments ab, so erkennt man eigentlich recht schnell, dass dies der Fall ist. Beginnt man einmal, sich über sie zu informieren, schreit dieser Umstand einem mitten ins Gesicht. Beginnen wir einmal mit dem offensichtlichsten Umstand: Ihr Fordern einer Flugverbotszone über Syrien. Eine Flugverbotszone (im englischen: No-Fly-Zone) über dem Bürgerkriegsland klingt recht harmlos, doch hätte verheerende Konsequenzen. Gen. Joseph Dunford, der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs der USA, erklärte erst kürzlich, dass eine wie von Clinton, unter dem Vorwand des Schutzes der syrischen Bevölkerung, vorgeschlagene Flugverbotszone die USA in einen Krieg mit Russland und Syrien stürzen würde („Right now, Senator, for us to controll all the air space in Syria, would require us to go to war against Russia and Syria.“). Doch das ist nicht alles. Clinton kündigte an, dass unter ihrer Regierung die USA auf Cyberattacken genau gleich reagieren würde, wie auf jede andere Form von Attacken. Das alles bedeutet, dass unter einer Präsidentin Hillary Clinton wir froh sein können, wenn es nur(!) zu einer Verschärfung der Konflikte zwischen den USA, und damit auch der NATO, und anderen Atommächten kommt. Denn im schlimmsten Fall führt diese Person den dritten Weltkrieg herbei und das ist etwas, das ich nicht erleben möchte. Trump hingegen würde die Beziehung zu Russland entschärfen.

Doch warum will Hillary Clinton denn überhaupt einen Krieg mit einem Land provozieren, das zudem noch das einzige Land ist, das mehr nukleare Sprengköpfe als die USA besitzt (wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass nur ein geringer Anteil beider dazu ausreicht, die Welt in Schutt und Asche zu legen)? Der Schutz syrischer Zivilbevölkerung kann es nämlich nicht sein; in einer Rede vor Goldman Sachs gab sie zu, dass eine No-Fly-Zone vielen Syrern das Leben kosten würde. Es liegt daran, dass sie Geld, und zwar viel Geld, von der Rüstungsindustrie bekommt. Besonders der Rüstungskonzern Lockheed Martin hat sich dabei hervorgetan, Clintons Kampagne zu unterstützen. Das heißt also, dass Clinton Profit über Leben stellt und alleine aus diesem Grund ist sie für einen Progressiven wie mich unwählbar. Ich könnte noch viele, viele andere Gründe nennen – wie ihre Wankelmütigkeit zu politischen Themen (Stichwort: Homo-Ehe) oder ihr Wahlbetrug in den Primarys Bernie Sanders, der mit Sicherheit der beste Kandidat und ein ganz hervorragender, möglicherweise die Welt verändernder Präsident gewesen wäre, gegenüber – doch ich belasse es bei diesem simplen. Ich habe Angst davor, was Clinton dieser Welt als Präsidentin antun würde.

Doch nur weil ich der festen Überzeugung bin, dass Clinton noch schlimmer als Donald Trump wäre, hieße das nicht, dass ich tatsächlich Trump wählen würde. Meine Stimme ginge an Jill Stein. Jill wer? Jill Stein. Die Kandidatin der Green Party und eine third-party-alternative. Wie Gary Johnson von der Libertarian Party oder Darrell Castle von der Constitution Party (ein furchtbar rechter Spinner) ist auch sie eine von den Medien weitgehend unbeachtete und nicht berücksichtigte Kandidatin im Rennen um das Weiße Haus. Gary Johnson, übrigens, ist ebenfalls eine bessere Alternative zu Trump und Clinton, wenngleich auch er teils sehr bescheuerte Ansichten vertritt.

Jill Stein und ihr running mate Ajamu Barkara sind nämlich eine echte Alternative links der Mitte. Eine Alternative, die die USA dringend(!) brauchen. Zum einen führen sie aus der antidemokratischen Zwei-Parteien-Misere, zum anderen sieht man, dass dieses Land sich in völliger Stagnation befindet. Das würde bei uns auch passieren, wären ÖVP und FPÖ bzw CDU und AfD, die einzigen beiden großen Parteien und Erika Steinbach würde so tun als wäre sie eine Liberale. Jedenfalls beinhaltet Jill Steins politischer Ideenkatalog viele der Punkte, die auch auf Bernie Sanders‘ Agenda standen. Ihre Politik ist eine, die für Progressive und Liberale die einzig funktionierende und wählbare ist. Würde Jill Stein Präsidentin werden, könnten sich in den USA Zustände entwickeln, wie sie bei uns längst der Fall sind. Sie würde Whistleblower entkriminalisieren (Snowden will sie in ihr Kabinett holen!), sie steht entschlossen gegen umweltschädliche Methoden zur Energiegewinnung und fordert einen Green New Deal, der neue Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien schaffen würde. Die Einführung eines menschenwürdigen Mindestlohns sowie der kostenlose Zugang zu Universitäten und die Abschaffung von Studentenkrediten stehen ebenso weit oben auf ihrem Programm. Etwas, das längst überfällig ist, sind die Bildungszustände in den USA doch verheerend. Ein weiterer Pluspunkt: Sie will das Kiffen legalisieren (ebenso wie Gary Johnson), etwas gegen das sich Clinton beinhart wehrt – kein Wunder: sie ist ja auch mit dem privaten Gefängnissektor verbandelt.

2016 wird Jill Stein nicht mehr Präsidentin, wählen sollte man sie aber trotzdem. Alleine deshalb, um der Green Party 5% an Wählerstimmen und damit für die nächste Wahl 8 bis 10 Millionen Dollar an staatlichen Fördergeldern zu beschaffen. Die Green Party würde in jedem Staat auf dem Wahlzettel stehen und somit die undemokratischen Hürden des Systems überspringen. Jede Stimme für Jill Stein ist eine für einen Schritt in die richtige Richtung. Man zeigt den Demokraten, dass man sie nicht damit durchkommen lässt, dass sie immer weiter nach Rechts wandern. Man hilft eine Stimme für eine sozialere Innenpolitik und friedenstifftende Außenpolitik zu etablieren.

Auch wenn sie nicht gewinnen wird – bei Wahlen geht es ja ohnehin um mehr, als auf das richtige Pferd zu setzen – würde ich Jill Stein wählen. Denn so funktioniert Demokratie.