Vin Diesel: Eine Hommage

Dwayne Johnsons Spitzname lautet „The Rock“. Sieht man ihm Vin Diesel in der Fast-and-Furious-Reihe gegenüber, so kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass Vin Diesels Spitzname – völlig unabhängig von seinem Künstlernamen – „The Machine“ lauten sollte. Denn Vin Diesel funktioniert in diesen Filmen wie eine Maschine, ein Werte-Motor, der die Familie, die diese Crew ist, zusammenhält und antreibt. Noch vielmehr als Paul Walker verkörpert er diese Reihe, und sein markantes Aussehen kann man aus diesen Bildern nicht mehr wegdenken.

Sein Körper ist natürlich ein sehr muskulöser, sein Kopf wirkt da etwas klein – mich erinnert er an eine Kartoffel, ohne das böse zu meinen. Seine Arme, die aus den beständig ärmellosen Shirts hängen, erinnern an Marmorsäulen. Er ist nicht so gut definiert wie Johnson oder Statham, sondern auf diesen Muckis ruht eine Portion Babyspeck. Vielleicht ist es genau das, was ihn diese Ruhe ausstrahlen lässt, die die anderen beiden Muskelmänner des Franchises eben genau nicht haben. In seinem äußeren Erscheinungsbild ist Diesel als Schauspieler selbstverständlich limitiert, was dazu führt, dass ihm sein absolut vorhandenes Talent oft völlig ungerechtfertigt unterschlagen wird; nicht grundlos fand er seinen Weg in Filme von Steven Spielberg und Ang Lee. Letzterer hat in seinem großartigen „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ ohnehin eine unerwartet fantastische Darstellerriege versammelt und diese zu Höchstleistungen getrieben. In den Fast-and-Furious-Filmen leistet er nicht weniger. Justin Lin, der ihn im vierten Teil wiedereinführte, verstand es Diesel in Szene zu setzen. Aus der Ferne beobachtet Dom Lettys Beerdigung, sein Blick von einer Sonnebrille verdeckt, die Arme verschränkt. Doch im Hintergrund sieht man eine Ölraffinerie, die das innerliche Werken dieser Maschine in den Himmel projiziert.

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In den folgenden Teilen wird Vin Diesel immer zur visuellen Hauptattraktion, bei der jede Mimik und Gestik wie in Steingemeißelt wirken. Seine Bewegungen sitzen dabei mit technischer Perfektion. Das führt unter anderem dazu, dass er in jeder Szene Hochstatus besitzt. Er ist immer in souveräner Kontrolle über das Geschehen. Er strahlt immer eine sichere Aura aus, immer einen Ausweg, eine Lösung parat zu haben, beziehungsweise gar nicht erst in Lagen  zu geraten, die soetwas erfordern würden. Egal ob er Dwayne Johnson oder Jason Statham gegenüber steht. Er ist immer Herr der Lage. Auch wenn man ihn beiden gegenüber als körperlich unterlegen einschätzen würde, behält er nicht zuletzt aufgrund seiner Art zu spielen, nämlich so wenig wie nötig zu tun, absolute Hoheit über die Szene.

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Obwohl Johnson in der Szene derjenige ist, der eigentlich viel mehr in der Hand hat als Diesel, ist ihm dieser dennoch überlegen. Man siehe in dem Bild oben, wie angestrengt dieser Versucht diese Hoheit durch sein grimmiges Blicken von oben herab und Versteifen im Nacken  auszudrücken. Dies konntert der weiter am Motor schraubende Diesel ganz leicht mit einem unbeeindruckten Lächeln aus:

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Dieser Hochstatus bleibt alle Filme hindurch unangefochten, bis er im achten Teil auf Charlize Theron trifft. Ein geschicktes Bild lässt all diese maschinelle Perfektion einbrechen: Wenn seine große, schwere Hand sich vor der Glaswand auf die Hand seines sich dahinter befindenden Babys legt, wird dieser Mann ganz klein und all die Muskeln schwinden. Er ist nur noch so stark, wie das Würmchen in den Armen der Mutter.. Zum ersten Mal sieht er den Sohn, den er unwissend mit seiner zwischenzeitlichen Freundin Elena gezeugt hat und all diese Kraft schmilzt dahin. Der Mann, der immer alles wusste und immer über alles Kontrolle hatte, wird mit einer ihn unvorbereitet treffenden Tatsache konfrontiert: Das Familienoberhaupt, das immer von „La Familia“ sprach, sich um all seine Freunde sorgte, der übersah seinen leiblichen Sohn. Er zerbricht an seinen eigenen Werten. Charlize Theron wird zur einzigen Figur in der gesamten Reihe, die je über Diesel steht. Zumindest für eine gewisse Zeit. Denn in der Schlüsselszene des neuen Teils, offenbart Theron ihr reduktionistisches Menschenbild, das jede Form von Gefühlen nur als evolutionäres Überbleibsel sieht. In diesem Moment gewinnt Diesel wieder alle Macht, da er in seiner Menschenliebe seine moralische Überlegenheit erkennt. Die Maschiene läuft wieder durch die Liebe zu seinem Sohn und seiner Familie. Im Finale wird allerdings auch eines verdammt klar: Der Motor funktioniert nur mit einem intakten Fahrzeug drumherum. Diesel ist nichts ohne seine Kollegen, über die er diesen Hochstatus wahren kann.